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Neue VDMA Lieferbedingungen Februar 2022

Zum Hintergrund der aktuellen Bearbeitung Februar 2022: Die Umsetzung der europäischen Warenkaufrichtlinie in das „Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags“, hat zum 1.1.2022 Änderungen mit sich gebracht, die über den reinen Verbrauchsgüterkauf hinausgehen und damit auch das B2B-Geschäft tangieren. Der VDMA-Vertragsrechtsausschuss hat sich abschließend mit der Gesetzesänderung befasst und daraufhin Änderungen der VDMA-Lieferbedingungen beschlossen.


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I. Wegfall der Höchstfrist bei der Ablaufhemmung durch Streichung des § 445b Abs. 2 S. 2 BGB

In der Begründung zum Regierungsentwurf des „Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung“ (in Kraft seit dem 1.1.2018) wurde seinerzeit noch ausdrücklich festgehalten, dass im Interesse der Rechtssicherheit eine Obergrenze von fünf Jahren ab Ablieferung der Sache gesetzt wird. Diese Position hat der Gesetzgeber nunmehr aufgegeben, denn die Streichung der Spätestfrist gilt für alle Rückgriffsansprüche und enthält keinerlei Beschränkung auf den Verbrauchsgüterkauf. Die Wegnahme der Vorschrift führt zu einer erhöhten Rechts- und Planungsunsicherheit für den Lieferanten; der nunmehr endlos mögliche Rückgriff müsste eingepreist und gegebenenfalls in entsprechenden Rückstellungen abgebildet werden.

Der VDMA-Vertragsrechtsausschuss kam daher zu dem Schluss, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit sachgerecht ist, die Höchstfrist bei der Ablaufhemmung in § 445b Abs. 2 Satz 2 BGB im Unternehmergeschäft (Verbrauchsgüterkäufe bleiben unberührt) wieder herzustellen, so dass

„VIII. Verjährung“ der VDMA-Lieferbedingungen nunmehr wie folgt lautet:

„Alle Ansprüche des Bestellers – aus welchen Rechtsgründen auch immer – verjähren in 12 Monaten; dies gilt auch für die Verjährung von Rückgriffsansprüchen in der Lieferkette gem. § 445b Abs. 1 BGB. Die Ablaufhemmung aus § 445b Abs. 2 BGB bleibt unberührt; sie endet spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Sache dem Verkäufer abgeliefert hat. Diese Regelungen zur Verjährung von Rückgriffsansprüchen und zur Ablaufhemmung gelten nicht, sofern der letzte Vertrag in dieser Lieferkette ein Verbrauchsgüterkauf ist. Für Schadensersatzansprüche nach Abschnitt VII. 2 a-c und e gelten die gesetzlichen Fristen. Sie gelten auch für Mängel eines Bauwerks oder für Liefergegenstände, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet wurden und dessen Mangelhaftigkeit verursacht haben.“

II. Zur Änderung des Sachmangelbegriffs in § 434 BGB:

In § 434 Abs. 1 BGB-neu ist nunmehr ausdrücklich geregelt, dass Kaufsachen kumulativ stets sowohl den subjektiven als auch den objektiven Anforderungen entsprechen müssen. § 434 Abs. 3 BGB-neu bestimmt durch die Formulierung „soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart worden ist“, dass die Kaufsache vorrangig den subjektiven Anforderungen und ergänzend den objektiven Anforderungen entsprechen muss, um frei von Mängeln zu sein. Das redaktionelle Konzept des Gesetzgebers lässt hierbei allerdings Fragen offen, was zu Irritationen führt. Der VDMA Vertragsrechtsausschuss hat den neuen Sachmangelbegriff intensiv untersucht. Versuche, in AGB eine Beschaffenheitsvereinbarung stets zum alleinigen und abschließenden Maßstab eines Sachmangels zu erheben und so die Anwendung objektiver Kriterien auszuschließen - unabhängig von dem Inhalt bzw. der Reichweite dieser Beschaffenheitsvereinbarung - dürften den Klauseladressaten unzulässig benachteiligen und damit unwirksam sein. Wenn bereits das bloße Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung die Anwendung objektiver Kriterien gänzlich ausschlösse, so wäre dem Lieferanten z. B. die Möglichkeit eröffnet, Beschaffenheitsvereinbarungen so kurz wie möglich und idealerweise gar unvollständig zu halten (z. B. unter Nichtbenennung von Schwächen der Kaufsache), um die Anwendung objektiver Anforderungen auszuschließen. Jegliche „irgendwie“ geartete Beschaffenheitsvereinbarung wäre stets abschließend und objektive Kriterien könnten nicht mehr zur Anwendung kommen - selbst dann nicht, wenn Beschaffenheiten der Kaufsache nachlässig oder unvollständig verabredet worden sind oder die Parteien relevante Parameter schlicht übersehen haben. Dies würde den vom Gesetzgeber intendierten Käuferschutz konterkarieren (auch in der alten Fassung des § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB (2002) war der flexible Standard des „soweit“ bereits enthalten). Risiken verdeckter Mängel müsste ebenfalls allein der Käufer tragen. Solche AGB-Klauseln dürften schwerlich mit § 307 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB in Einklang zu bringen sein, zumal sich in § 434 Abs. 3 BGB-neu der Hinweis „…wirksam etwas anderes vereinbart worden ist“ findet, der unter anderem auf AGB-rechtliche Inhaltskontrollen hinweisen dürfte.

Der VDMA-Vertragsrechtsausschuss hat sich von daher für einen den Gesetzesinhalt klarstellenden Passus entschieden wie folgt (verortet unter VI. „Mängelansprüche“):

„Soweit die Parteien eine Beschaffenheit der Kaufsache vereinbart haben, kommen insoweit objektive Anforderungen an die Kaufsache nicht zur Anwendung.“

Der VDMA-Vertragsrechtsausschuss hat ausgiebig diskutiert, ob eine solche Klarstellung erforderlich ist, hat sich aber für diese als sichersten Weg entschieden. Damit wird noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die von den Parteien vereinbarte Beschaffenheit für die Beurteilung, ob ggf. ein Mangel vorliegt, grundsätzlich vorrangig ist - aber nur, „soweit“ sie inhaltlich reicht. Der Klausel dürfte aufgrund ihrer Hinweis-, aber auch Appellfunktion (Beschaffenheitsvereinbarungen äußerst sorgfältig und auch hinsichtlich der Reichweite bedacht zu fertigen) eine gewisse Praxisrelevanz zukommen.